
Bestand
Aufgrund der strategisch wichtigen Lage Wesels direkt am Rhein, wurde die Stadt im 2. Weltkrieg stark zerstört. Nach Kriegsende wurden Gottesdienste daher behelfsmäßig in Schulen abgehalten und der Ruf nach neuen Kirchbauten wurde lauter. Die Franziskuskirche wurde schließlich von 1957 bis 1959 erbaut. Geleitet wurde der Bau durch einen neu gegründeten Kirchbauverein.
Wie für die Nachkriegszeit typisch, wurde die Franziskuskirche aus Backstein und Beton errichtet. Prägend für den Innenraum ist die warme Holzdecke.

Organisation
Die neue Nutzung als Kolumbarium versucht nicht mit der bestehenden starken Architektur zu konkurrieren. Vielmehr lässt sie den Blick auf Decke, Fenster und Wände fast schon provozierend frei.
Die Urnen sind seitlich des Mittelganges angeordnet. Sie finden Platz in L-förmigen, hölzernen Raumkörpern, die durch ihre Form gleichzeitig Schutz bieten. So werden trotz des offenen Raumkonzeptes Rückzugsorte zum Verweilen und Trauern geschaffen.
Der Mittelgang selbst ist hingegen komplett leer und gibt somit den Blick auf die steinerne Rückwand frei. Dort war ursprünglich der Altar verortet. Diese Vergangenheit wird durch diesen Blick auf die Steinwand schonungslos offengelegt. Fast wie ein Mahnmal erzählt die Wand von der früheren Nutzung als Gottesdienstraum.
Rechts und links der Mittelachse befinden sich offene Sitzmöglichkeiten. Um diese herum werden in Zukunft weitere Urnenwände entstehen.

Raum
Die neuen Einbauten lassen den Kirchenraum zu einer Klammer werden. Sie nehmen Farbe und Materialität der hölzernen Decke auf und geben so den rundherum verlaufenden grauen Steinwänden Halt. Gerade durch diesen offen zur Schau gestellten Kontrast entsteht ein Gefühl der Geborgenheit. Diese Raumkonzeption funktioniert auch deshalb, weil Menschen in der Konfrontation mit dem Tod selbst zutiefst emotional gespalten sind.

Material
Die Atmosphäre des Kolumbariums wird maßgeblich durch die eingesetzten Materialien und vor allem durch deren farbliches Zusammenspiel geprägt.
Die Urnennischen sowie die Sitzgelegenheiten bestehen aus geöltem Holz. Dadurch wirken sie warm und einladend und verbinden sich über die Holzdecke mit dem gesamten Kirchenraum. Die Verschlussplatten der Urnennischen bestehen aus gräulich rötlichem Juparana Granit und fügen sich dadurch harmonisch mit dem Holz zu einem Gesamtensemble zusammen. Die Vielzahl der verwendeten Materialien kann jedoch auch eine gewisse Unruhe erzeugen.
Licht
Das Licht spielt in diesem Entwurf eine entscheidende Rolle. Direktes Tageslicht fällt an mehreren Stellen in den ehemaligen Kirchenraum hinein. An den beiden Flanken laufen horizontale Lichtbänder am Stoßpunkt zwischen Wand und Decke entlang. Zudem sind an der Frontseite sowie seitlich des ehemaligen Altarbereiches vertikale Lichtschächte eingebracht. Durch Glasbilder fällt an diesen Stellen leicht gebrochenes, buntes Licht über die gesamte Höhe der Kirche in den Raum. Diese großflächigen Lichtpunkte regen unverweigerlich Gedanken an das Leben und den Tod an.
Dieses bestehende Konzept wurde vom Architekten beim Umbau aufgenommen und nur sehr zurückhaltend durch den gezielten Einsatz künstlichen Lichts erweitert. Die Sitzgelegenheiten dienen gleichzeitig als indirekte Beleuchtung. Durch den Leuchtstreifen am Übergang zum steinernen Boden heben sie sich zudem vom diesem ab. In den Abendstunden bieten tief abgependelte schlichte Leuchten Licht in den Urnennischen.








Generelle Informationen
- Umbau und Umnutzung der ehemals katholischen Franziskuskirche zu einem Kolumbarium
- Fertigstellung: März 2020
- Architekt: ARCHITEKTanBORD, Dipl-Ing. Architekt Viktor Walter
- Projektplanung: Fa. Weiher aus Freiburg
- Träger der Urnengrabstätte: ASG Wesel
weiterführende Links
- Homepage des Planungsunternehmens: www.weiher-gmbh.de
- Webseite des Architekten: www.architektanbord.de