
Immer mehr Kirchen in Deutschland stehen leer oder werden verkauft und umgenutzt. Doch wie ist es zu dieser Situation gekommen? Und welche Vor- und Nachteile haben Kirchenumnutzungen?
Die geschichtliche Entwicklung
Um die aktuelle Situation der Kirchengebäude in Deutschland einzuordnen ist eine kurze Zusammenfassung über die Entwicklung der Institution Kirche notwendig.
Seit den 50er Jahren haben die Mitgliederzahlen der evangelischen als auch katholischen Kirche stetig abgenommen. Dadurch sind die Gemeinden heutzutage bedeutend kleiner als noch in der Nachkriegszeit. Zudem besucht nur noch ein relativ kleiner Anteil der Katholiken und Evangelen den sonntäglichen Gottesdienst.
Für diese Entwicklung gibt es unterschiedliche Ursachen. Zum einen spielen äußere Faktoren, wie die Entwicklung in der Steuerpolitik, eine entscheidende Rolle. Die Hauptursache liegt aber bei den Kirchen selbst. Sie haben es verpasst, mit der Zeit zu gehen und auf die veränderte Situation der heutigen Bevölkerung einzugehen. Anders ist es nicht zu erklären, dass trotz wachsendem Bedürfnis nach Ruhe und „Selbstfindung“ die Institution Kirche eine immer kleinere Rolle spielt.
Die Konsequenz daraus ist, dass es aktuell zu viele Kirchen für zu wenig aktive Gläubige gibt. Das führt dazu, dass etliche Kirchen finanziell nicht mehr zu halten sind. Konkret stehen viele Gemeinden vor der Frage „Was machen wir mit unserer Kirche?“

Was ist Kirche?
Kirchen bieten neben der rein „funktionalen“ Sichtweise noch viel mehr. Sie stiften Identität mit der Stadt / dem Stadtteil oder dem Dorf. Viele Menschen haben wichtige Momente wie Taufe, Hochzeit oder Trauerfeier dort erlebt. Zudem bieten Kirchen Raum zum Denken und Besinnen. Sie bilden Zufluchtsorte in der heutigen, hektischen Gesellschaft.

Umgangsmöglichkeiten
Im Umgang mit einer „obsoleten“ Kirche gibt es für die betroffenen Gemeinden verschiedene Möglichkeiten:
Die Kirche ruhen lassen. Dabei hofft man praktisch darauf, dass die Gemeinde in den nächsten Jahrzehnten wieder wächst und die Kirche wieder benötigt wird. Je nach finanzieller Lage lässt man die Kirche in der Zwischenzeit sanieren oder lässt sie mehr oder weniger zu einer baufälligen Ruine verfallen. In jedem Fall ist die Kirche bei dieser Variante für die Gemeinde und Öffentlichkeit nicht nutzbar.
Neubau. Auch das kommt noch vor. Wenn mehrere Gemeinden zusammengelegt werden, kann es durchaus Sinn machen die bestehenden Kirchen zu veräußern und eine neue, multifunktionale Kirche zu errichten.

Umnutzung für den eigenen Bedarf. Bei dieser Option bleibt die Kirche im Besitz der Gemeinde. Durch Komprimierung kann zum Beispiel das Gemeindezentrum in das Kircheninnere integriert werden.
Überlassen an andere christliche Gemeinden. Die katholische Bischofskonferenz hat klargemacht, dass auch das eine Option ist, die vor einem Abriss vorzuziehen ist. Allerdings solle eine ungenutzte Kirche nur an christliche Konfessionen verpachtet werden.

Verkauf und anschließende Umnutzung. Natürlich kann die Kirche auch an einen externen Investor veräußert werden. Dabei muss die Kirche dann in den meisten Fällen auch entwidmet werden. Sie kann dann in verschiedensten Formen umgenutzt werden, beispielsweise als Grabesstätte, Museum oder Schwimmbad.
Abriss. Sicherlich der letzte Ausweg.
Konfliktpotenzial und Ausblick
Wie bereits erwähnt sind Kirchen höchst emotionale Bauwerke. Immer wenn es um die Zukunft eines Solchen geht, wird es sehr emotionale Konflikte geben. Dabei gibt es jedoch große Unterschiede.
Bleibt die Gemeinde im Besitz und versucht zum Beispiel das Gemeindehaus in die Kirche zu integrieren, wird es weniger Kritik aus den eigenen Reihen geben. Auch eine Veräußerung an einen karitativen Träger mit anschließender Nutzung zum Beispiel als Altenheim ist meist noch erklärbar.
Wird die Kirche allerdings an externe Investoren veräußert, kann es zu erheblichen Differenzen kommen. Ist es vertretbar, eine Kirche in eine Bowlinghalle oder ein Schwimmbad zu verwandeln? Wo liegt die Grenze bei einer Umnutzung? Ist dann nicht in manchen Situation ein Abriss vorzuziehen, etwa um die Kirche nicht zu „entwürdigen“? Oder können Kirchen gar von einer Umnutzung profitieren und wieder eine größere Rolle im Alltagsleben der Bevölkerung spielen?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich dieser Blog. Es werden Beispiele für Umnutzungen, neugebaute Kirchen und sanierte Sakralbauten präsentiert. Zudem werden mal mehr mal weniger ungewöhnliche Nutzungen für Kirchengebäude skizziert.
Quellen und Literatur
- Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen, deutsche Bischofkonferenz https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/kommissionen/ko_09_6-Auflage.pdf
- Hubertus Halbfas: Die Zukunft unserer Kirchengebäude, 2019
- Nollert / Volkenandt / Gollan / Frick (alle Hrsg.): Kirchenbauten in der Gegenwart: Architektur zwischen Sakralität und sozialer Wirklichkeit, 2011
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